Arthus

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Arthus

Der Abschied von dir ist mit mein schwerster Abschied.

Was überwiegt? Die 8 Jahre Tierheim, ohne dass dich jemand wollte? Das eine Jahr und 2 Tage, die du bei mir so richtig zuhause warst? Du warst der liebste, einfachste, sozialisierteste Hund, den man sich vorstellen konnte.

Kaum zu glauben, dass du vor lauter Angst alle Interessenten mit deinem Verhalten hinterm Zwingergitter abgeschreckt hast. Oder wolltest du nicht weg? Im Tierheim hattest du Sicherheit und du kanntest uns. Du wurdest geliebt, und am meisten von deiner Paten-Mama. Und deinem Paten-Papa, der dich in deinem Zuhause leider nicht mehr erleben konnte. 

2 Tage nach Rambos Tod kamst du zu mir. Am 14.01.2014. Die 14 ist für mich eine Schicksalszahl.

Du warst für Pumbi ein würdevoller Ziehpapa, und mit Katze Yvonni hast du richtig Freundschaft geschlossen. Du warst dezent und defensiv. Ein Traumhund, der oft in meinem Arm eingekuschelt lag. 

Du hattest Herzprobleme, Leberprobleme, zunehmend Fress- und Verdauungsbeschwerden, ein bischen Gelenke, aber dann kam der (sichtbare) Krebs. Beulen wuchsen schnell, erst mal nur äußerlich, aber sehr groß. Im Oktober 2014 deshalb dann – obwohl ich dir das nicht mehr zumuten wollte – eine OP. Nach kurzer Zeit kam die Beule wieder und einige mehr. Sie wurden schnell größer. Wie bei deinem verstorbenen Papa wiederholten sich die Beschwerden. Das war sehr hart. Und emotional grenzwertig. Tagelang Übelkeit mit Erbrechen. Nicht mehr wissen, wie man stehen, liegen, sitzen, gehen soll. Du hast überm Körbchenrand gelegen, den Bauch entlastend. Schließlich nachts bei mir am Bett stehen, den Kopf an mir.

Spaziergänge mussten wir schon runterfahren, weil du die Kraft nicht mehr hattest. Am 14.01.2015 wollte ich dir anlässlich deines 1jährigen Zuhauseseins bei mir wieder einen kleinen sonnigen Datzespaziergang gönnen. Betroffen sah ich, dass du total damit zu tun hattest, vorwärts zu gehen. Du hattest absolut mit dir zu tun. Die Fotos, auf denen du am Ufer schnuffelst, täuschen. Du hast dich damit vom Schmerz abgelenkt. Ich musste einsehen, dass es das falsche „Geburtstagsgeschenk“ war. Am Tag deines 1jährigen Daseins zeigtest du mir, dass sich dein Leben schnell vollenden wird. Du warst schon auf dem breiten Weg, auf dem am Ende das Tor zum großen Garten zu sehen war. Sonst war es noch zu, aber nun stand es offen. 

Und ich kontrollierte, korrigierte, hinterfragte mich immer wieder: Schätze ich deinen Stand richtig ein? Dein Befinden? Dramatisiere ich? Du gabst mir die Antwort: nein, denn du zeigtest wirklich keine Lebensfreude mehr. Deine Augen riefen um Hilfe, sie waren voller Schmerz und wollten erlöschen. 

Futter wollte nicht mehr in dich rein, und zum Schluss war es schon eine Wissenschaft – was nimmst du mir ab, was macht keinen Durchfall, was will oben wieder raus – bis zu siebenmal in der Nacht. Außer Leberdose ging gar nichts mehr. Die hast du dann auch abgelehnt. 

Nach der Nacht zum 16.01.2015, in der du fast durchgehend bei mir am Bett standst, fasste ich den Entschluss, dass ich dich heute erlösen lassen müsste. Dieser Entschluss begleitete mich schon länger, aber wir Pfleger der alten Hunde wissen, dass wir den Moment fühlen werden, wo wir sagen: Jetzt. Ich kam mir wie ein Mörder vor und erwartete, dass du über den Hof läufst und ins Auto springst. So dass ich sagen müsste: bin ich verrückt, ich kann doch diesen Hund nicht erlösen! Aber du schlepptest dich wie den ganzen Morgen schon, über den Hof zum Auto, ohne Energie. Ich war geschockt, dass alles so folgerichtig verlief. Ich nickte innerlich und wusste, ja, es ist richtig. 

Wir waren beide auf deinem Lieblingsplatz, im Heck des Autos, auf der weichen Decke, und kuschelten, als du in meinen Armen in den Schlaf sankst. Nicht mal gegen die fremde Tierärztin und die Narkosespritze hast du dich gewehrt, nur ein minikleines obligatorisches „Brumm“. Dann hast du genau wie sonst deinen Kopf in meinen Schoß plumpsen lassen. Es war ein warmer sonniger Tag. Die Vögel zwitscherten. 

Durch deine Bauchschmerzen hast du immer den Bauch angespannt, und beim letzten Tierarztbesuch wurde gründlich geschaut und festgestellt, dass innen alle Organe und Wege frei sind. Als du für immer eingeschlafen warst, war dein Bauch wieder entspannt. Nun fühlte ich eine Art Kette von Beulen, die sehr schnell gewachsen sein müssen. Ich bekam den Tipp, es könnten Metastasen im Lymphsystem sein … du hast mir schon gezeigt, dass du nicht mehr kannst. 

Deine Mama heult beim Schreiben Rotz und Wasser und ihr ist schlecht. 

Du bist jetzt bei Jürgen, meinem zu früh verstorbenen Mann, deinem Papa im Herzen. Jetzt hat er dich für immer. Und vielleicht amüsiert ihr euch zusammen über den kleinen Hibbel Pumba, den Mama immer stoisch mit Oooom-Oooom-Gesten und gut dosierten Übungen beschwört 🙂 und mit Ruhe, Rhythmus … 

Der Abschied von Rambo und den anderen alten Hündchen war auch brutal. Dieser hatte nochmal eine ganz andere Dimension, die sich nicht wirklich richtig beschreiben lässt. Existenziell. 

Ich konnte nicht früher schreiben. Du bist mein Ati. Mein Alpha-Opa, mein Hasenfuss. 

Datzetal, am 24.03.2015 
Deine Mama Anke